THE WEEKLY – WOCHENRÜCKBLICK #9 IN 2019

 

"Hast du ihr eigentlich jemals verziehen?"
Die Frage trifft mich völlig unerwartet. Bis eben haben wir beim Frühstück gesessen, das Thema kam kurz auf, ebbte aber eigentlich sofort wieder ab. So ist das immer. Wir erwähnen sie kurz, irgendjemand stellt eine Frage, die Antwort erledigt sich meistens bündig, danach vergesse ich sie wieder. So wie eine Stromrechnung. Oder eine E-Mail von meinem Vermieter. Ich hake sie oder jegliche Gespräche über uns gerne konfliktlos ab, lasse mir nichts zu Schulden kommen und gebe das Nötigste. Danach nehme ich einen Schluck Kaffee und schließe das virtuelle Fenster wieder.

Meistens ist meine Antwort sowas wie: "Hm, ich hab länger nichts gehört, aber bestimmt prima.", "Nein Quatsch, es war der richtige Moment für dieses Konzept und auch total wichtig für uns beide.." oder nur: "Oh, das weiß ich gar nicht.." 

Irgendeine dieser Antworten passt immer. Meistens die dritte. Aber die reicht heute nicht. Oder doch?

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 #9 | bestimmt prima..

Ob ich ihr verziehen habe, fragt sie mich. Und damit ja, ob der Prozess des Vergebens, ein Stück weit auch des Vergessens, auf jeden Fall aber der, der inneren Aufarbeitung, abgeschlossen ist.

Manchmal glaube ich, dass ich vergesse, was eigentlich vorgefallen ist. Manchmal brauche ich einen Moment, bis ich wieder weiß, womit alles anfing, wohin es ging und wie es endete. Es fühlt sich schon lange nicht mehr so schmerzhaft an, wie damals, als es meinen ganzen Tag, ganzen Körper, jeden zweiten Gedanken, mein Selbstvertrauen, meine Gesundheit und auch die Liebe, die Geduld, den Rückhalt der Menschen um mich in Anspruch nahm. Ich habe vergessen, wie lange es gedauert hat, dir nicht mehr zu glauben. Waren es ein halbes Jahr? Ein ganzes? Irgendwas dazwischen?  - Oh, das weiß ich gar nicht. 

Das Gesetz sagt, dass Vergebung der Verzicht auf einen Schuldvorwurf ist. Wer vergibt, der verzichtet auf Strafe, auf Schadensersatz, auf eine Entschuldigung, er verzichtet auf die Wiederherstellung der Situation oder Balance, die vor dem Bruch bestand. 
Ich will nicht wiederherstellen, ich will sie auch nicht bestraft sehen und ich glaube nicht, dass man den Schaden, der entstanden ist, irgendwie ersetzen könnte. 
Nicht einmal sie schuldig zu sprechen, verspricht mir irgendein gutes Gefühl.

Ich glaube nicht, dass ich mich freier oder leichter fühlte, wenn ich sie belastet sehen würde. Es ist ja nicht so, als könnte ich ihr meine Zweifel einfach aufschnallen. Dafür sitzen sie zu dunkel oder halten zu fest an mir. Ein paar sind in der Sonne verblichen, andere kann ich nur manchmal sehen, wenn ich in zu lange in zu viele Spiegel gucke. 

Die Psychologie behauptet, dass Vergebung eine Copinstrategie ist und losgelöst von der Einsicht oder Reue passieren kann. Das setzt dennoch Empathie für denjenigen voraus, der uns verletzt hat.
Kann ich nachfühlen, warum du gelogen hast? Bestimmt. Wir lügen aus den unterschiedlichsten und trotzdem immer gleichen Gründen. Unsicherheit, Feigheit, emotionaler Überforderung, 
Kann ich nachfühlen, warum du verbal nach mir geschlagen hast? Bestimmt. Vermutlich, weil du verletzt, unsicher oder einfach ängstlich warst. Manchmal schlagen wir zu, damit ein anderer uns nicht dort berühren oder dorthin sehen kann, wo wir Schmerz oder Scham empfinden.

Kann ich empathisch dafür sein, dass du mich so selbstverständlich sabotiertest, als du mich und meine Existenz in der Hand hattest? Warum du mein Vertrauen gebrochen und meine Schwächen benutzt hast? Kann ich verstehen, warum du mich gern leiden gesehen hast? Warum du dich auf mich gestellt hast, wie auf einen finalen Jagderfolg? Warum dir das so gut tat, dass andere sogar dein neues Strahlen bewunderten?

"Ich glaube nicht, dass ich das muss.", sage ich.
"Stimmt. Aber würdest du manchmal nicht gerne wissen, wie es ihr wirklich mit allem geht?"
"Bestimmt prima." 

Dschungel. 

   Was mich bewegt hat ..  #9

Beim ersten Lesen finde ich, dass er nur ein Feigling ist. Einer, der es sich leicht macht, einer der aufgibt. Auf Kosten anderer. 
Beim zweiten Mal finde ich, dass es schade um den müden Schisser ist, der doch eigentlich gerade erst sein Potential entdeckte, schade, dass er so wenig schätzte, was ihn vom Scheitern abhielt. 

Dann frage ich mich, ob er sich geopfert hat. Und wenn ja für wen. Ob er nur gemacht hatte, was Felix wollte – oder ob Felix ihm geholfen hatte zu finden, was er brauchte.

Ob er ein egomanes Arschloch ist – oder der beste Freund der Welt. Ob nur ein Mitläufer, der ewig auf dem Schulhof hinter allen anderen steht – oder der mutige Geist, der endlich frei sein konnte und sich traute.

Und dann fragte ich mich, ob Freiheit eigentlich Verschwinden bedeutet. Ob frei sein – gar nichts mehr sein heißt. Ob der ultimative Grad der Freiheit die Stille ist. 

Ist Vergessen Erlösung oder erschlichene Bequemlichkeit? Ermöglicht dir Vergessen wirklich Zufriedenheit oder nimmt es dir nur die Euphorie? 

Ist Vergessen – ein ständiger Neuanfang oder ein gar nicht mehr neu anfangen müssen? Ist vergessen - wie ankommen? Ein bequemes Methadon für alle, die müde vom Suchen sind und den Mut verloren haben oder nie aufbringen konnten?

Was sind Erinnerungen wert, wenn wir ihnen doch eh nicht trauen können?`Wenn sie immer nur die halbe Wahrheit unserer jetzt gelebten Realität sind? Sind Erinnerungen geschönter Ballast? Oder sind sie nur dem nicht wertvoll genug, der keine echten, großen, guten mehr oder je machen konnte?

 

 

 

Wenn ich könnte, würde ich ihn das fragen. Ihm sagen, dass ich gerade mehr verstehe. Durch dieses Buch und seine Fragen.

Wenn ich könnte, würde ich Friedemann Karig viel  fragen. Noch viel mehr fragen.

So oder so: Dschungel ist eines der besten Bücher, das ich in den letzten Jahren gelesen habe. 

WEEKLY MUSIC PICKS

I wish we would tell each other more about us being free.. 

 

QUOTE  #09

// 3 GUTE MOMENTE

... mit dem Hund über den Elbstrand toben
... ohne Dach, aber mit lauter Musik im Auto sitzen 
... auf dem Balkon zu schreiben

 

// GESEHEN

... "Der Junge, der den Wind einfing"


Ich habe den Film bisher sicher schon 3 Mal gesehen, ich glaube so oft braucht man auch, bis man jeden Satz, all die Bilder und die großartige Leistung der Schauspieler wirklich ganz aufnehmen kann! 

// GElESEN

... Frühstück mit Elefanten 

Gesa Neitzel wanderte vor ein paar Jahren aus – raus aus Berlin nach Afrika, Südafrika. Sie ging nicht nach Kapstadt, sondern in den afrikanischen Busch, ließ sich zur Rangerin ausbilden – und erzählt in ihrem Buch davon.

Ich brauchte 50 Seiten, ein bisschen Eingewöhnung in den Erzählstil, dann hatte sie mich – mit ihrer Geschichte, ihren Gedanken und jeder einzelnen Zeile über Afrika.
Es gibt keine Zufälle, schreibt Gesa. Dass ich dieses Buch genau jetzt fand und las – war tatsächlich keiner. 

 

// GEGESSEN

... ich habe mit Freunden am Sonntag ein vegetarisches BBQ gemacht, ganz viel grünen Spargel, Brokkolisalat mit Cranberries, Avocado und gerösteter Süßkartoffel gegessen, dazu frische Wassermelone und Fladenbrot mit Aioli. 

// GEBUCHT

Eher umgebucht. Im Moment läufts. Athen musste ich streichen und auf September verschieben. Da knabbere ich schon seit ein paar Tagen dran, weil ich mich so auf die Reise gefreut hatte..

 

// wiederholungstaste

...  ich mag mal wieder lange Gespräche, eine zweite Flasche Wein und ganz viel gefühlte Nähe mit dir. Mal ohne auf die Uhr schauen, mal ohne abstimmen, mal ohne abbrechen oder den Schluss nicht erleben 

 

podcast

"Ich habe keine Kinder, aber meine Freundinnen..."

Dieser Podcast geht an alle Freundinnen da draußen, ganz egal ob sie schon, noch nicht oder erst einmal nicht Mutter sind – oder werden wollen.

In dieser Folge geht es nicht um Label, nicht darum, wessen Lebensentscheidung mehr wiegt, sondern darum, wie gut es sich anfühlt und wie wichtig es ist, einander zu schätzen! 

cosmopolitan

"Warum haben wir eigentlich je aufgehört sie zu trinken?", fragt Carrie Bradshaw irgendwann 2004 in die Runde – 

Und bis 2019 finde ich nur die Antwort: weil niemand, der mit Cosmopolitans erwachsen wurde, noch billigen Triple Sec oder Cranberryjuice sehen kann, ohne sich sofort an Kopfschmerz und Zuckerschock erinnert zu fühlen. 

Letzte Woche in Paris dann trank ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder einen der pinkten Drinks, neu kreiert mit Cointreau, Bittermandel und dunkler Kirsche, weniger süß und viel charismatischer, als der eigentliche Klassiker. Hat in mir die Lust geweckt mal wieder in eine wirklich gute Cocktailbar zu gehen.
 

southside festival

Noch 3 Tage, dann gehts los! Ich bin zwar immer noch ein bisschen traurig, dass mich das Hurricane dieses Jahr nicht sieht, aber umso aufgeregter mal das Southside kennenzulernen. Wen treff ich dort? Wer kommt auch? <3 

 

 

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