"Die Hitze Macht die Menschen angespannter, dünnhäutiger..", ich weiß nicht mehr wo ich das las. Irgendwo fiel mir diese Überschrift entgegen, blieb kurz hängen und war schon vergesse, bevor ich wieder aus der U-Bahn stieg.
Es ist gerade mal acht Uhr und trotzdem kriecht die Wärme gerade über die 25°C. Hitzewelle in Hamburg, generell in vielen Teilen Deutschlands, ist anders, irgendwie klebriger, ermüdender als eine noch so intensive Hitzewelle in Ozeannähe, wenn du in weniger als zehn Minuten Entfernung kühle, schäumende Wellen oder zumindest Wasser, das Meer, irgendein Blau um dich hast. (Die Elbe zählt nicht. Wirklich nicht.) In Kapstadt haben mich 37°C nie wirklich gestört. Ich liebe die Wärme, intensive Sonne und dieses Gefühl, das lange Sommertage in die Stadt tragen und bis zum nächsten Gewitter in ihr liegen lassen. Ich mag es schon früh morgens Espresso auf Eis laufen zu lassen und die ersten Stunden des Tages auf irgendeiner Terrasse zu arbeiten, bis die Sonne rumkommt. Ich mag die Mittagspause am Strand und die letzten Stunden im schattigen Büro. Das afrikanische Klima trägt die Wärme, bietet ihr ganz anderen Raum, sie ist nicht überraschend, nicht überwältigend.
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#10 | hitzewelle
Nun ist die Osterstraße nicht die Kloof Street – aber trotzdem ein Ort an dem sich WLAN-fähige Cafés aneinanderreihen, eine gut 800m lange Strecke voller Frühstücksgäste und Zeitungsleser, die ich mir aussuche, um zumindest den Vormittag im Freien zu arbeiten. Ich bestelle mir Koffein und einen kalten Saft. Dann klappe ich den Laptop auf.
Statt an einem neuen Artikel arbeite ich gegen die technischen Probleme an. Mein Laptop verbindet sich nicht mit dem offenen Wi-Fi, mit keinem, mein Handy dient spärlich mit einem Edge-Empfang. Arbeiten kann ich so eigentlich nicht. „Dann beantworte ich jetzt zumindest schon mal die abgerufenen Mails…", denke ich und beachte den kleinen Kratzer auf meinem Morgen im Open Office nicht weiter. In einer halben Stunde wechsle ich einfach das Café.
Das nächste hat geschlossen, das Dritte keine Plätze mehr im Freien. Im vierten lasse ich mich schließlich und nach 6200 gegangenen Schritten auf einen kleinen Bistrostuhl fallen. Ich logge mich ein, stelle die Verbindung her und atme durch. Okay, re-boot. Fängt mein Tag eben zwei Stunden später erst wirklich an. Das ist ja der Vorteil des Freelancers. Ich fange an, wann ich möchte. Theoretisch. Praktisch muss ich die Zeit irgendwie aufholen und spüre sie längst im Nacken.
„Ist hier noch frei?", fragt er nicht, sondern setzt sich direkt neben mich. Kein Co-Worker, der ähnlich konzentriert wie ich tippen würde, kein Student, der entschieden hätte in der Sonne zu lernen, niemand, der ein Buch mitgebracht hätte, sondern ein Mitfünfziger im kariertem Oberhemd, dessen Brusttasche klingelt. Ich höre ihm gut zwanzig Minuten dabei zu, wie er sich über die Mitarbeiter seiner Getränkefirma beschwert. Henning plant zu kurzsichtig, Rudi hat das Bier nicht aus der Sonne genommen und Michael ist schon wieder krank. Und wenn er nicht krank ist, macht er trotzdem keinen guten Job. Vermutlich liegt Micha gerade am See, mutmaßt der Mitfünziger und ich wünschte, er hätte ihn begleitet.
Als ich nach meinen Kopfhörern greifen will, um meine Umgebung auszublenden, fasse ich ins Nichts und dann ins Nasse. Als ich die leere Flasche, die ich vorhin noch halbleer eingesteckt habe, aus dem Rucksack ziehe, wird mir bewusst, was da gerade passiert. Gut 200ml Maracujasaft sickern gerade durch das Futter meines Rucksacks ins Leder ein. In der entstehenden Pfütze schwimmt Puder, ein Kamm, meine Kaugummis, Hundeleckerlies, ein gebundenes Buch, mehrere Ausdrucke, die ich hätte der Bank vorlegen sollen und der Haustürschlüssel. Die letzten zwei Taschentücher am Rucksackboden hatten keine Chance.
Als ich gerade einen neuen Stapel Servietten von der Theke hole, um sie auf mein Problem zu werfen, sehe ich einen Schäferhund an meinem Tisch vorbeilaufen. Ich weiß, dass ich zu spät komme, um noch zu handeln, dass ich jetzt nur noch hoffen kann, dass der Dackel, der bis eben unter meinem Stuhl schlief, ihn noch nicht gesehen hat, vielleicht gar nicht wahrnimmt. Natürlich umsonst.
Auf vier Beinen und 60cm Länge bellt mein Hund durchs Viertel, zerrt an der Leine und meinem Rest Geduld, reißt den Bistrotisch beinahe mit sich, lässt Getränke kippen und sein Ego steigen. "Karsten NEIN! AUS!", schimpfe ich in die Geräuschkulisse und ziehe meinen Dackel zu mir zurück. "Tut mir wirklich Leid...", sage ich dann zum Hundehalter, aber eigentlich zum ganzen Café und wische den Tisch, nicht meinen Rucksack trocken.
"Wenn man seinen Hund nicht erzieht, kann man ihn eben nicht mitnehmen..", höre ich hinter mir. Natürlich kann ich nicht widersprechen. Ich könnte vielleicht erklären, dass junge Hunde durch verschiedene Phasen gehen, dass ich mit viel Training gegen die napoleonischen Charakterzüge meines Dackels ankämpfe und trotzdem nicht immer gewinne, wir seit 14 Monaten die Hundeschule besuchen, dass er ansonsten lieb und ruhig ist, lautlos und unbemerkt unter meinem Stuhl schlief, dass ich mich wirklich, wirklich bemühe, meine Mitmenschen nicht zu stressen, wenn ich mit dem Hund unterwegs bin, aber heute irgendwie der Wurm im Tag steckt. Aber ich sage nichts. Ich packe einfach meine saftnassen Sachen zusammen, zahle und gehe nach Hause.
Mir kleben der Zeitdruck auf den Schultern und der Fruchtzucker an den Händen, als ich die Tür aufschließe. Alles was ich will ist eine kalte Dusche, um den fehlgeschlagenen Morgen und die Wärme abzuspülen. Ich hasse es unproduktiv zu sein, ich hasse es, wenn sich ein Arbeitstag schon so früh so verschwendet anfühlt, hasse, dass ich mich so müde fühle, obwohl ich noch nichts geleistet habe, hasse, dass ich nicht doch endlich einen Platz in einem kühlen Co-Working Space angemietet habe, hasse, dass ich so vieles noch nicht erledigt habe, hasse, dass wir heute Abend eigentlich verabredet sind, aber ich noch nichts Verbindliches von dir gehört habe, hasse, dass ich mich überhaupt noch mit dir verabrede, ich hasse, dass sie mir ständig stumme Vorwürfe macht, ich hasse, dass ich keine Lösung weiß, ich hasse den Müll, den ich noch herunterbringen muss, hasse die Schwerkraft dafür, dass sie ihn außerdem umkippen ließ. Ich hasse, dass ich noch immer keine Altersvorsorge abgeschlossen habe. Ich hasse, dass ich nicht gern an meinen Briefkasten gehe, dass sich alles gerade so ungeklärt anfühlt. "FUUUUCK", brülle ich ins Kissen und bleibe kurz auf dem Bett liegen. Ich würde gerade gern noch lauter schreien oder mich mit Anlauf in ein kaltes Becken werfen, weiß gar nicht, was mit mir los ist, nur dass mir warm ist, dass ich dünnhäutig und geschafft bin... dann gehe ich duschen.
Nur im Kopf
Was mich bewegt hat .. #10
Auf keinen Fall.
Niemals wieder.
Vielleicht morgen.
Niemals morgen.
Wenn dann jetzt sofort.
Einen Moment lang. Denn niemals morgen.
Da bist du wieder. Da ist sie auf einmal. Die Anziehung, nicht nur die Gelegenheit. Das Kribbeln, nicht nur die bequeme Möglichkeit. Das unausgesprochene, offen Verbotene.
Was machen wir damit, was sagen wir zueinander, was bleibt unter uns. Was bleibt am Ende. Was kommt davor. Du. Ich. Hoffentlich Flimmern.
WEEKLY MUSIC PICKS || southside edition
sonne + bühnen = festivalliebe
Festivaledition – am Wochenende war ich auf dem Southside Festival zusammen mit Firestone. Seit Jahren ist die Brand mein fester Partner für das erste Festival der Saison. Hier kommt ein kleines Recap
... als am Sonntag die Sonne rauskam
... loslaufen, lostanzen, gar nicht mehr aufhören
... erleben, wie viel Musik einem Menschen bedeuten kann. Tränen vor der Bühne, mitweinen, vor lauter Gefühl in jeder Faser.
The Streets, Parkway Drive, Elderbrook, Macklemore, Die Orsons, Tame Impala, Mumford & Sons, AMK, Foo Fighters, Bloc Party, Trettmann, Alice Merton, The Lytics, The Gardener and the Tree, Yung Hurn, SYML
Ich hab mich komisch gefühlt. So ohne dich, obwohl du in meiner Tasche warst. Hab jetzt erst gemerkt, wie sehr du eigentlich dazugehörst, zu meinem Festivalgefühl. Wie zuhause ich mich auf dem Hurricane fühle, wie ich es vermisst hab, obwohl alles so gleich aussah. Hurricane, du, die Nähe zu Hamburg, die richtig guten Spätzle am kleinen Stand rechts neben der Blue Stage, das Frühstück bei Schnucks, die Abfahrt nach Sneverdingen, die vertrauten Gesichter und dann ab und zu in der Mernge deins – das hat mir gefehlt. Nächtes Jahr wieder Hurricane. Harrycane. Ok?
.. Käsespätzle! Das Festivalessen meiner Wahl seit 2012. Da kommt nichts ran!
Festival heißt auch, dass man auch bei den Band tanzt, die man eigentlich gar nicht so sehr feiert – wenn Freunde sie dafür umso lieber sehen wollen. Ich bin schon zu vielen Konzernten allein gegangen, weil meine Crew sie schlicht nicht sehen wollte. Das ist ok und manchmal entspannter, als eine unbewegliche Gruppe mitzuschleifen – aber gerade wenn man in kleinerer Runde zusammen unterwegs ist, kann das musikalische Ego einfach auch mal Pause machen.Mich hat es durchaus schon ein paar Mal runtergezogen, wenn Freunde mit langen Gesichtern neben mir standen und aus Prinzip nicht mitmachen wollten. Ja, Mumford and Sons als Headliner am Sonntag ist eher ne gediegene Geschichte, aber muss man Einzelschicksal spielen und die letzten 60 Minuten bewegungslos in der Menge schmollen? Nee. Tanzen geht überall. Und darum haben wir es dieses Jahr noch mal richtig gemacht. <3
... Festivals mit Freunden, mit dir. Generell. Das machen wir hoffentlich noch ein, zwei Mal diesen Sommer.
„Weißt du was du heute tun solltest? Ein Buch herausholen, dich in den Park oder auf den Balkon legen, dich vielleicht auch einfach nur in ein Café setzen und erst wieder aus den Worten und Zeilen und Silben auftauchen, wenn der letzte Eiswürfel im leeren Glas geschmolzen ist.. „
Gestern ist ein Artikel mit 15 neuen Buchvorschlägen online gegangen. Ich lese dieses Jahr so viel mehr als in den letzten, es ist meine Routine geworden mindestens eine oder zwei Stunden am Tag zu lesen. Es tut mir so gut viel weniger auf den Bildschirm zu schauen und viel mehr Zeit in den einzelnen Seiten und Welten zu verbringen.
Ich habe von Freunden ein selbstkühlendes Hundebett empfohlen bekommen, das wir jetzt seit zwei Tagen in der Wohnung haben und das Karsten den Sommer in Hamburg gerade sehr viel leichter macht. Nicht jeder Hund mag das, aber mein Dackel liebt es – und ich übrigens auch. Stelle dort oft auch meine Füße drauf, wenn ich lange am Schreibtisch arbeite.
Ein wichtiger Hinweis noch (den ich im letzten Jahr von einer lieben Followerin bekam) für alle, die sonst gern mit nassen Handtüchern die Hunde oder Katzen kühlen wollen: bitte lasst eure Haustiere immer nur auf, aber nie unter den Handtüchern liegen, gerade wenn sie schlapp und müde sind. Die Staunässe erhitzt sich und greift unter dem Handtuch den Kreislauf eher noch mehr an, als dass sie ihn entspannt.
ich habe mich sehr über deinen Weekly gefreut, er kam perfekt um mich nach der Arbeit am Abend gemütlich in meinen Sessel zu kuscheln, abzuschalten und zu lesen <3
Oh wie verstanden ich mich gerade gefühlt hab, als ich deinen Beitrag oben gelesen hab!
Ich arbeite zur Zeit dran aus schlechten Momenten keinen schlechten Tag und aus schlechten Tagen kein schlechtes Leben zu machen…aber manchmal ruf ich auch einfach ‘fuck’ ins Kissen 😉
Besonders den ersten Teil fand ich unheimlich toll. Ich konnte das so gut nachvollziehen und habe mich vollkommen wiedererkannt, es gibt so Tage oder auch Wochen und dann gibt es wieder die anderen…
Liebe Grüße
Anke
Yey! Wieder ein weekly 🙂 ❤️
Hi Lina,
ich liebe deine Texte so sehr. Mich berührt und fasziniert jedesmal aufs Neue wie echt zu schreibst. Man ist mit dir Überall da wo du bist oder warst. Das ist wirklich sehr inspierierend und macht unheimlich Spaß zu lesen und zu fühlen.
Ich freu mich immer wieder über jeden Fetzen von dir 🙂
Liebe Grüße
Julia