#TWENTYSOMETHING COLUMN // REUE

„Fuck ..“

Ich drehe mich zu ihm, wickle mich in die Decke ein und stütze den Arm auf. Zwischen uns hängt mein Parfum und unser letztes Wortgefecht, ein Rest von seinem Zigarettenrauch und der Mischung aus Anziehung und falschem Ego, die uns immer wieder hierher bringt, zwischen die Laken, die Zeilen, in sein Schlafzimmer und die Missverständnisse.

Ich sehe nur seine Umrisse und mache die Augen wieder zu, meine Atmung geht noch flach, ich fühle seine Hand noch in meinem Nacken, seinen Mund an meinem Kinn, unsere verschränkten Finger auf dem Kopfkissen, ihn über mir – und sonst gar nichts.

Keine Schuld. Keine Reue. Keine Vernunft.
So war das schon immer.

Er legt seinen Kopf auf das Kissen und fährt sich durch die Haare.
„Was machen wir hier eigentlich?“, fragt er mich ins Dunkel.

Wir knallen ineinander.
Wir geben nach.
Wir machen den gleichen Fehler auf eine immer neue Art.
Wir fühlen uns lebendig.

„Was meinst du?“
„Ich meine das hier..dich, mich. Wir machen keinen Sinn. Morgen früh hasst du mich wieder. Oder wir landen im nächsten Streit.“



Das macht uns aus.
Wir haben nie Zeit zu enden.
Wir funken.
Wir brennen aus.
Binnen Minuten. Leuchtend.
Und werden von jener alten Flamme immer wieder angezogen.


„Du bist der perfekte Fehler.“

„Dieses Mal nicht. Das war nicht das Gleiche..“
„Für mich wird es nur leichter.. ich bin in 2 Tagen weg.“

Für ihn nicht. Nicht jetzt. Und trotzdem wieder. Immer wieder.
Je größer der Einsatz, je höher das Risiko, desto schneller schwirrt die Luft zwischen uns. Mit keinem tue ich so gern das Falsche, wie mit ihm. Mit keiner fällt er so gut, wie mit mir.

Ich vertraue ihm nicht mehr.
Ich bereue nichts mehr.
Ich trage keine Verantwortung mehr.


Ich weiß, dass ich es bereuen müsste, dass ich es verschweigen werde. Ich weiß, dass er, wir, unsere Geschichte, wie ein hässlicher Riss in meiner Persönlichkeit ist. Dass wir toxisch sind. Dass wir weh tun, uns selbst, den anderen, zu vielen, die zwischen uns eine Rolle spielen. Dass wir vielleicht genau das verdient haben.

Rückblickend ist es so einfach zu sehen, wann du einen Fehler gemacht hast. An welcher Stelle du dich dein Urteilsvermögen verlassen hat. Wo du eine Entscheidung getroffen hast, die in diesem Moment so elektrisch schien, bis ihre Realität auf dich sackte.

Mit der Reue ist es so eine Sache. In dem Moment in dem du entscheidest, auf dein Herz hörst, nach Takt und Pulsschlag suchst, glaubst du, dass die größte Reue irgendwann mal die sein wird, etwas wirklich Großartiges nicht gewagt oder erlebt zu haben. Und so bleibt es auch noch, wenn dich die Konsequenzen und das Tageslicht einholen.
Du bereust nicht den Fehler.
Du bereust nur, wenn er nicht gut genug war.

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