PERSONAL: XXL JAHRESRÜCKBLICK 2017

    Es ist nicht selten Weihnachten. Die Nacht eines 24. Dezembers, vielleicht angetrunken gerade die Treppe des Elternhauses hochgestolpert, hingelegt, leer gefühlt, den Abend schnell vergessen, der sich dieses Jahr nicht richtig anfühlte, Licht aus, keinen Ton mehr hören, ungewollt, wenigstens noch ein paar Minuten auf dem Handy scrollen, nicht schlafen können. 02:30 Uhr: Fuck, nur noch ich, keiner sonst. Alles ausgelesen, alles durchgeklickt. Ganz allein, Und alles ruhig.

    Ewig nicht gemusst.
    Ewig nicht geübt.
    Ewig nicht gewollt.
    Angst davor.

    Vor dem, was sich ankriecht, wenn du nicht taub genug bist, nicht müde genug bist, nicht abgelenkt genug bist.


    Man kann sich monatelang durchs Leben schlagen, durch die Wochen taumeln und einfach nicht anhalten. Das geht. Sogar gut. Und das fühlt sich sogar leichter an, als sich auszubremsen, zuzulassen, sich verletzlich zu zeigen, vor allem vor sich selbst, mit der Person, mit der man noch die Nacht verbringt, wenn alle anderen längst schlafen. Von der Arbeit nach Hause, nur kurz die Tasche und die Realität abstellen, schnell die Person anziehen, die wieder einen Abend lang vor Leben sprüht, den Raum füllt, die Menschen darin anzieht, unterhält, ein bisschen eine Show abliefert, die sie nach 1 Drink sogar selbst genießt, immer wieder den Laden ausverkauft und im besten Fall schon weg, wenn das Licht angeht. Eins bleibt immer gleich, nach dem Feuerwerk wird aufgeräumt. Besser, wenn du das nicht mehr so mitbekommst.

    Für manche ist es die Feierkultur, für andere ist es die Arbeit, die nächsten laufen der Bestätigung hinterher. Bei mir war es eine Kombination aus immer neuen Baustellen und Herausforderungen, in die ich hineinkrachte, die ich mir auflud, manche davon, um mir zu beweisen, was ich alles schaffen konnte, manche einfach, weil sie mich ablenkten, von dem, was ich alles nicht schaffen konnte.

    Aber irgendwann, wenn dir die Ablenkung wegbricht,
    die dich Abende lang unter Menschen hält, der Stress, der Tunnel oder einfach nur die To Do’s, wenn du mit mir allein bist, runterkommst, ob nun bewusst oder von der Situation erzwungen— fühlst du erst, wie viel nicht stimmt. Oder wie glücklich du wirklich bist. Was du brauchst, um dich ganz zu fühlen, um was du kämpfen willst – und was du zurücklassen kannst.

    Und da sind sie dann, die unbestimmten, grauen Ängste, die verwischten Ziele, die verschwommenen Perspektiven, die wieder dichter kommen, die nicht mehr zu ignorieren sind.


    Bei mir brauchte es gar nicht den beschriebenen Moment um Weihnachten, es war der November. Ein Tag am Meer, ganz mit mir allein, klingt jetzt schon cheesy, ich weiß.

    Ich war aus Hamburg geflohen, aus meiner gewohnten Umgebung, einen Tag lang, stieg einfach ins Auto, als hätte ich jede Wahl der Welt (und musste nicht spätestens am nächsten Tag wieder am Schreibtisch sitzen, damit mir nicht auch noch der Job auf den Kopf fiel), fuhr ziellos umher, bog irgendwann Richtung St. Peter Ording ab, weil es mir vorgeschlagen wurde und ließ mich für 2 Stunden auf eine Bank am Strand fallen.
    Anfangs saß mir nur ein Kloß im Hals, den ich niederkämpfte. Irgendwann weinte ich. Weinte über die Gefühle, die ich nicht zuordnen konnte und trotzdem hatte. Darüber, dass ich nicht einfach enden lassen konnte, was sich so gut angefühlt hatte – ohne dass ich gleichzeitig wusste, wohin ich damit wollte. Ich weinte über den alten Kater, der mir in den Knochen saß, über das Gefühl mich schon wieder geirrt zu haben, eine halbe Enttäuschung und 4 gestotterte Zeilen wert gewesen zu sein.
    Und dann – ich glaube dann weinte ich irgendwann über alles, was mir auf der Seele gelegen hatte. Über die Wut, die ich seit dem Sommer mit mir herumtrug und die bis heute nicht wirklich weg ist. Über die Desillusion meines Berufs, über Ungerechtigkeiten, die ich persönlich nahm. Über Mechaniken, die ich nicht ändern konnte. Über Freunde, die mir in diesem Moment keine waren. Die ich schmerzlich vermisste. Darüber mich unverstanden zu fühlen, allein gelassen und gleichzeitig so froh gerade mal allein zu sein. Ohne Agenda. Ohne Wünsche oder Ansprüche von außen. Es war mir vollkommen egal, wie viele Menschen mich sahen, an mir vorbeigingen, starrten. Ich heulte. Ich heulte mich aus. Ohne jede Perspektive.

    Was ich seit dem gefühlt habe, war vor allem Müdigkeit. Es war gar nicht so, als hätte ich mich durch ein Jahr gehetzt, die Person, die ich dort oben beschrieben habe, bin ich schon seit 2 Jahren nicht mehr. Aber während ich das schon längst weiß, mich entwickelt und viel bessere Entscheidungen getroffen, so viel reflektiert und gelernt habe – ist mein Leben noch nicht hinterhergekommen, noch nicht genug mit mir gewachsen. Zerrt mich manchmal noch zurück in alte Muster.
    Und wenn du dich dann fühlbar aufgerieben hast – an allen Ecken, beruflich, privat und persönlich, wenn leugnen keinen Abstand mehr bringt, alles so wie mehr Kraft kostet als sonst, dir selbst kleine Aufgaben eher schwer fallen, dann ist es das Richtige, sich zurückzuziehen, mal kurz nicht so viel zu sprechen, zu planen, sich auszubremsen und ziellos zuzulassen, was man fühlt, denkt. Das ist nicht einfach. Im ersten Moment vielleicht nicht einmal lindernd. Aber es sorgt für die richtigen Fragen – und endlich mal wieder Antworten.

    Mag ich mich so, wie ich gerade bin? Mag ich, wie ich zu anderen bin?

    Wohin bin ich unterwegs? Stimmt die Richtung oder muss ich an ihr arbeiten?

    Halte ich an meinen Stärken fest? Wo lagen sie in diesem Jahr und wie kann ich sie noch besser nutzen?

    Ist meine Unruhe nur eine Momentaufnahme? Oder wächst sie zum Unglücklichsein?

    Für was bin ich in diesem Jahr dankbar gewesen? Nicht nur in den letzten 4 Wochen, die ich frisch erinnere. Was hat das große Ganze ausgemacht?

    Was kann ich selbst verändern – und was muss ich von einer anderen Perspektive betrachten?

    Welche Bedeutung hat mein Job für mich? Fühlt er sich noch an, als für einen Beitrag leisten, einen Mehrwert schaffen? Mich selbst voranbringen?

    Es tut mir jedes Jahr gut die Fragen schriftlich zu beantworten, mich dafür in Ruhe hinzusetzen, sie zu durchdenken und mir auch durchzulesen, was ich mir im letzten Jahr vorgenommen habe, was ich zurücklassen wollte oder an welchem Punkt ich gedanklich stand. Denn das ist vielleicht das größte learning: du bist nie fertig, du Wurst dich nie geradlinig bewegen, du wirst nie jede Lektion beim ersten Mal verinnerlichen und dann nie wieder darüber nachdenken oder sie nachfühlen müssen. Unser Leben besteht aus wiederkehrenden Kreisläufen, die wir entscheidend beeinflussen – oder wiederholen müssen.

    Vorsätze, die wir zuletzt 2014 hatten, werden vielleicht wieder aktuell, während man einige der Ziele von 2016 längst nicht mehr als wichtig erachtet, weil man sie gerade erreicht und abgehakt hat – oder sie sich schlicht verändert haben.


    KREISLÄUFE ANNEHMEN & AKZEPTIEREN

    Genau das, was ich eben schon schrieb anzunehmen und zu akzeptieren, dass wir nie einfach fertig mit uns sind, dass sich viele persönliche Situationen, gerade wenn andere Menschen involviert sind, wiederholen werden, dass wir manches nicht einfach durchspielen können, um es danach nie wieder zu müssen, weil wir es jetzt besser wüssten.

    Wir leben nicht autonom, wir fühlen oder entscheiden nicht autonom, verschiedenste Faktoren beeinflussen uns, von innen und außen. Ich finde gerade für mich die Balance das Jetzt anzunehmen, es zu formen und in dem Moment zu betrachten, auszufüllen, zu leben und es nicht schon vorher mit meinen Erfahrungen zu besetzen – ohne dabei vollkommen außer Acht zu lassen, wie ich schon einmal gefühlt habe. Das gilt für so viele Beispiele.

    Für Streits mit Freunden, für neue Bekanntschaften, für Herausforderungen in Arbeitssituationen, für Entscheidungen über die Wohnsituation, überhaupt Lebensentscheidungen. Ich glaube, dass es uns gut tut, uns dabei hilft besser und im Reinen mit uns selbst zu entscheiden, wenn wir nicht vergessen, wer wir waren – aber uns davon auch nicht schon bestimmen lassen.

    Ich bin in diesem Jahr sehr viel besser darin geworden das große Ganze zu sehen, meine aktuellen Gefühle in den Vordergrund zu stellen, aber dabei nicht blind in die alten Fallen zu tappen, durch die ich schon zwei Mal gelaufen bin. Es hilft mir dabei Kreisläufe anzunehmen, manche schneller abzuschließen oder in dieser Runde besser anzugehen.

    Gleichzeitig möchte ich mir aber auch noch mehr bewusst machen, dass ich ein Tief nicht fürchten oder im Vorfeld abwenden muss, sondern es auch passieren lassen kann, weil es eben dazugehört – und dich deutlich weniger trifft, wenn du es nicht ständig bekämpfst oder es sanft abfängst, statt dich dagegen zu stämmen, weil du es gelernt hast.

    Das klingt jetzt alles sehr spirituell, vielleicht erklärt es sich im Podcast noch einmal leichter an verschiedenen Lebensbeispielen.


    NEUES WAGEN


    Ich sitze zwischen gepackten Kisten, während ich das hier schreibe, in 10 Tagen ziehe ich für einige Zeit nach Kapstadt, habe den Rückflug noch nicht gebucht und mir kein exaktes Rückkehrdatum gesetzt. Ich wollte das immer machen, seit ich ein Teenager bin. Einfach mal ins Ausland gehen, einfach mal alle Vorzüge meines Job erleben und auskosten. 2014 sagte ich: Südafrika fühlt sich wie ein vertrauter Ort an, ohne dass ich je zuvor dort gewesen wäre.4 Jahre später, komme ich immer wieder zurück und bleibe dieses Mal. Es fühlt sich gut an neue Dinge zu wagen, ich glaube ich habe das selten so gebraucht, wie in diesem Jahr. Dieses Gefühl nicht nur getippt oder geträumt wirkliche Veränderungen einzuräumen oder zuzulassen, sondern tatsächlich zu springen.

    Auch beruflich will ich mich an neuen Formaten oder Ideen versuchen. Ich lerne hier seit Tagen alles mögliche über Adobe Premiere und schaue unheimlich viele Vlogs, weil ich mich darauf freue zumindest 10 Folgen in Kapstadt zu drehen, einfach zu machen, mich auf neue Medien einzulassen.

    Ich freue mich darauf den Podcast noch viel, viel stärker auszubauen, noch mehr zu nutzen und zu wachsen. In eine Richtung, auf die ich wirklich, wirklich Bock habe und die mir wieder den Mehrwert gibt, nach dem ich beruflich in diesem Jahr so suchte.

    Ich will weiterhin guten und noch besseren Content machen, entweder ästhetischen, unterhaltsamen oder informativen, meinen Stil dabei nicht verlieren, an mir und den äußeren Einflüssen wachsen, mich inspirieren, aber mich nicht verbiegen. Ich will das, was ich mir aufgebaut habe, noch weiter festigen, ausbauen und vielleicht in kleinen Teilen meine Arbeit auch neu erfinden, meine Vision, die ich habe verwirklichen.

    Ich will die Lesereise im kommenden Frühjahr in Angriff nehmen, noch einmal Verlage für mein Buch anwerben oder es dann eben doch ganz allein im ersten Schritt verlegen. Das Jahr 2017 war in beruflicher Hinsicht ein Plateau, weil ich in vieles erst hineinwachsen musste, während mir eigentlich die ganzen Monate über, zumindest gefühlt, die Zeit im Nacken saß. Aber vielleicht ist es gut so, richtig so, dass ich es nicht irgendwie – sondern jetzt richtig mache.

    DIE RICHTIGE DISTANZ FINDEN 

    Diese berühmten 3 Schritte Abstand, die man nehmen soll – die fallen mir so unheimlich schwer. Vor allem beruflich.
    Ich hab mich zwar schon vor ein paar Jahren aus dem eigentlichen Stress herausgezogen, gehe nur auf ausgewählte Events, gebe mir die meisten oberflächlichen Parties nicht, nur weil alles es täten, ich habe es ziemlich gut unter Kontrolle offline Abstand von all dem zu nehmen, das mir nichts gibt. Online klappt das schlechter. ich hab mich wirklich aufgerieben an der Entwicklung der Plattformen und Netzwerke, am Publikum und dem, was es sehen will, an dem sinnlosen Content der abgefeiert wird. Ich war super oft genervt – und das nahm mir viel Spaß am eigentlichen Job. Ich muss mich 2018 wieder stärker auf mich und auf gute Beispiele konzentrieren, ausblenden lernen. Ich möchte nie einer der Menschen sein, der mit Scheuklappen durchs Leben geht und wehre mich darum oft dagegen, einfach wegzuschauen, wegzuklicken und es sein zu lassen. Tatsächlich ist der Fokus auf das Positive in unserer Branche, die man im Alleingang niemals wird ändern können, aber einfach wichtig, um sich nicht selbst die Freude an der Arbeit zu nehmen.

    Außerdem hatte ich Probleme der Anspruchshaltung vieler Follower gerecht zu werden, habe oft dagegen gekämpft, dass man mehr von mir will, als ich bereit bin zugeben oder ich mich schlicht ausgenutzt oder fremdbestimmt gefühlt habe, wenn es um meine Arbeit in der Öffentlichkeit ging. Ich bin sehr viel als private Person, mit all ihren Ecken und Kanten, High und Lows im Netz unterwegs, nah und greifbar – damit aber eben auch genau das, angreifbar. Andere Kollegen haben es besser im Griff zwar dicht dran zu sein – aber dabei Grenzen zu wahren, sich in den richtigen Momenten zu distanzieren und zu beschützen. Ich hatte Anfang Dezember ein ziemliches Tief und habe bereits begonnen mich stärker abzugrenzen, für mich einen anderen Umgang mit Social Media zu finden. Den Podcast dazu hart ihr hier. 2018 will ich genau so weitermachen. trotzdem noch ich bleiben, weiterhin authentisch sein, aber Grenzen ziehen und einhalten. Davon hat am Ende vor allem auch meine Arbeit mehr, die ich viel besser machen kann, wenn ich die Kanäle zwar echt und als authentische Person, aber wieder mit der nötigen Leichtigkeit bediene.

    Ich glaube einige der größten Hürden waren auch die Reaktionen aus meinem Umfeld auf meinen Job, ich habe 2017 einige Kämpfe über meine Kolumne, den Podcast, überhaupt die privaten Dinge, die ich hier teile und in meine Arbeit einfließen lasse, gehabt. Das hat mich unheimlich gebremst, es gab Abschnitte, in denen ich gar nicht mehr wusste, wie ich weiter mit der Kolumne oder mir selbst in dieser Form der Darstellung umgehen will und die Verletzung, die so ein Niedertreten meiner Arbeit durch Menschen, die du schätzt, mit sich bringt, ist auch noch immer präsent. 

    Privat ist das mit der Distanz ähnlich. Ich bin meistens zu dicht dran, gebe viel zu viel von mir in jede Situation hinein, ich kann einen Streit nicht einfach stehen lassen, Distanz davon nehmen – und wenn ich es dann tue, probiere, mich entwickeln will  und selbst dieser Schritt dann an mir kritisiert wird, bringt mich das nur noch mehr aus dem Gleichgewicht. Ich weiß gerade an vielen Fronten nicht genau, was ich fühle und habe gleichzeitig das Gefühl im Bauch, dass meine Freunde, überhaupt mein Umfeld aber erwartet, dass ich es wüsste, dass ich in einer bestimmten Richtung handeln würde. Ich kam mir 2017 oft so vor, als würde ich mit jeder Reaktion meinerseits immer eine Enttäuschung an irgendjemandem hinterlassen. 

    Aber ich habe 2017 zumindest zwei schwere Ballaste abgeworfen, ganz allein hinter mir gelassen und bereue keine Sekunde, diese Brücken gekappt zu haben. Ich habe zwei Freundschaften beendet, deren Schluss längst überfällig war, aber natürlich trotzdem sehr schwer fiel, weil ich nie jemanden leichtfertig gehen lassen könnte. Wenn du aber merkst, dass engste Vertraute, dir ohne jedes warme oder positive Gefühl gegenüberstehen und jede Bewegung eine neue Diskussion oder Entfremdung auslöst, es dir nicht leicht fällt, dich zu melden, sondern du dich dazu zwingen musst – dann endet es eben. Und manchmal lieber mit einem Schnitt, als mit 100 kleinen Kriegen. Ich hab mich in beiden Fällen super erleichtert gefühlt und ab der Sekunde, in der es jeweils vorbei war, gleich so viel weniger beurteilt oder gedrängt. Das ist ein Anfang. Und vielleicht lerne ich 2018 einfach dort weiterzumachen. 


    KONZENTRATION & FOKUS WIEDERERLERNEN 

    Konzentration und Fokus waren 2017 für mich schwierige Themen. Ich liebe es zwar, dass mein Alltag so abwechslungsreich ist, ich ständig in Bewegung bin – aber gleichzeitig hat sich damit auch irgendwie eine Unruhe eingeschlichen, die dazu führt, dass meine grundsätzliche Konzentrationsfähigkeit gelitten hat. Es ist für mich beispielsweise anstrengend geworden fokussiert an einem text zu arbeiten. Immer wieder unterbreche ich mich, klicke kurz durch ein paar offene Tasks, erinnere mich an andere Dinge, die ich noch zu. tun gehabt hätte, drifte gedanklich weg. Das kenne ich eigentlich nicht von mir, aber immer häufiger muss ich mich regelrecht zwingen nicht noch einmal durch Instagram oder YouTube zu scrollen, sondern bei mir selbst zu bleiben.

    Ich finde es grässlich, wie viel Zeit ich eigentlich mit sinnlosem Klicken oder scannen von Inhalten verbringe, die ich Sekunden später wieder Vergessen habe, statt meine Zeit für gute Bücher (davon habe ich gerade mal eine handvoll 2017 gelesen!), Dokumentationen oder Podcasts zu nutzen. Ich kann einfach nicht mehr runterkommen und dranbleiben, maximal auf Spaziergängen oder Autofahrten. Ich weiß gar nicht, wann ich mir das letzte Mal, so wie gerade, Zeit genommen habe, um etwas Neues zu lernen, die Tutorials zum Schneiden von Blogs alle in Ruhe ansehe und verinnerliche, statt sie durchzuskippen. Dass ich mir neue Skills aneigne und lerne, meinen Horizont mit irgendetwas erweitere, dass tatsächlich nützlich ist. Das gilt natürlich auch für meine Allgemeinbildung, für mein literarisches Wissen und meine sprachlichen Fähigkeiten, die sich alle mit jedem gelesenen Buch nur verbessern, die Horizonte, die sich durch verschiedene Inhalte erweitern. Weniger random netflixen, mehr echtes Futter für Persönlichkeit und Perspektive genießen. Ganz in Ruhe, ohne es nur nebenbei laufen zu lassen, denn genau das ist so schade.

    Ich will 2018 wieder sehr viel fokussierter arbeiten – aber auch die Zeit mit mir selbst viel wertvoller verbringen, vor allem aber wieder viel mehr schreiben, aufnehmen, mich weiterbilden und selber kreieren, statt blind zu konsumieren.

    KONSUM

    Ich habe meinen Konsum schon im letzten Jahr stark eingeschränkt, bei mir hat sich gedanklich eine Menge verändert in vielen Richtungen, in denen sich unser Konsumverhalten zeigt, auch wenn ich das eher privat, als auf dem Blog gelebt habe, ich wollte es einfach nicht zum viel kritisierten und diskutiertem Thema machen, aber ich habe gut 60% meines Konsum in 2017 verändert und eingeschränkt, habe meinen Kleiderschrank über das Jahr auf gut 40% reduziert und 2018 werde ich genau dort weitermachen, weniger besitzen, ausmisten, mich von ganz viel Kram befreien – und mich damit sehr viel besser und leichter fühlen.

    Ich finde es mittlerweile regelrecht abstoßend, wenn ich Blogs oder Vlogs sehe, auf denen es vorrangig darum geht Besitz zu zeigen, Materielles auszustellen und sich damit zu schmücken, mir wird übel, wenn ich Verschwendung von Plastik oder Ressourcen, vor allem auch Nahrungsmitteln sehe (#breakfastgoals) und auch rein menschlich, finde ich es unheimlich low, sich im Internet so zu präsentieren, dass es anderen das Gefühl geben könnte, ich wäre eine andere Liga. Ich möchte nicht, dass sich andere Menschen meinen Content anschauen und sich danach minderwertig fühlen oder, als würden sie nicht genug verdienen, als wäre mein Leben so viel schöner oder voller, reicher oder schlicht super fancy.


    VERTRAUEN

    Mir selbst zu vertrauen. Meinem Urteil glauben zu können. Mich nicht vor lauter Zweifeln in eine Sackgasse zu fühlen. Nichts kleiner zu machen, nur weil ich Angst davor habe und nichts größer oder wichtiger zu machen, nur weil ich Sehnsucht danach habe – die Dinge so zu sehe, wie sie sind, ein Vorsatz, den ich nicht vergessen darf, den ich unbedingt verinnerlichen muss. Ich bin eigentlich immer sehr nah bei mir, kann gar nicht anders, funktioniere nicht gut mit Selbstverleugnung. So wie ich manchmal nicht aufhören kann zu fühlen, kann ich manchmal auch nicht abstellen darüber nachzudenken, warum ich so fühle, es verstehen zu wollen.

    Ich hab mich in diesem Jahr oftmals ganz anders verhalten, als ich bin, als es meine Persönlichkeit ausmachen würde, zum Einen, weil ich mich angeschlagen fühlte, müde und eine Zeit lang sehr unglücklich, zum Anderen, weil ich irgendwie hoffte, dass wenn ich mich nur radikal veränderte, auch mein Leben, dass sich irgendwie auf einem Plateau befand, sich radikal verändern würde. Natürlich ist das Blödsinn, natürlich wirft das nur noch mehr Baustellen auf und meistens dauert es, bis man genau das erkennt.
    In der zweiten Jahreshälfte begann ich langsam zu mir zurückzufinden und zu verstehen, wie viel sich eigentlich längst veränderte, wenn ich nur mir und dem Timing vertrauen und bereit für Neuanfänge sein würde, die sich mir eröffnen und ermöglichen.
    Ich bin nicht der Typ der an ein vorbestimmtes Schicksal glaubt oder daran, dass sich alles eben fügt und man nur lächelnd abwarten müsste. Ziemlich schwache Einstellung. Wenn du etwas willst, musst du dich darum bemühen. So funktioniere ich schon immer. Nichts ändert sich, wenn ich mich nicht ändere, aber sobald ich mich bewege – ändert sich alles um mich herum.

    Und trotzdem, für die nächste Zeit nehme ich das Tempo raus, das ich immer selbst mache, zwinge mich dazu einfach mal nur einen kleinen Moment auszuharren, durchzuatmen und kurz darauf zu vertrauen, dass stehen bleiben und abwarten, manchmal die eigentliche Abkürzung sein kann. Oder der Moment, um neue Kräfte zu sammeln, neue Wege vorzubereiten. Denn ich bin gefühlt seit Ewigkeiten nur noch gerannt, gehetzt. Jetzt zwinge ich mich stehenzubleiben.

     

    GESUNDHEIT

    Ich werde auch in Kapstadt weiter Sport betreiben, will unbedingt noch mehr an meiner Kondition arbeiten, die durch das Boxen, das ich immer noch 2x die Woche betreibe schon viel besser geworden ist, aber trotzdem noch nicht da ist, wo ich sie gerne hätte. Ich habe Asthma und bin dadurch gerade im Sommer oft eingeschränkt, aber ich habe beschlossen darum nur umso mehr in mein Herz-Kreislauf-System zu investieren, es stark zu halten, mich als Ausgleich zum Job nur noch mehr zu bewegen, einfach um meinem Körper etwas zurückzugeben, den ich sonst oft zu sehr außer Acht lasse.

    Auch die Ernährung ist einfach ein Thema. Es tut mir nie gut, mich damit übermäßig zu beschäftigen, aber es tut mir gut, wieder zurück in die Balance zu kommen, die jedes Jahr mit Winterbeginn irgendwie verworfen wird, weil ich nur noch von Bestelldiensten lebe. Mit Kapstadt kommt der Change aber sowieso wie von allein, sich dort gesund zu ernähren, ist ehrlich gesagt ein Kinderspiel!

    FAMILIE & FREUNDE

    Ich war 2017 nicht unbedingt ein Vorbild, wenn es um meine Familie ging, ich war wenig präsent, habe mich gerade bei Cousins und Cousinen, meinen Tanten und der größeren Familie, aber auch entfernten Freunden oder Bekannten, viel zu rar gemacht, einfach nicht von mir hören oder Verbindungen abreißen lassen. Ich möchte im nächsten jähr wieder näher an meine Familie rücken, sie wieder besser kennen lernen und in mein Leben lassen.
    Solange meine Eltern und meine Omi noch fit sind, möchte ich einfach viel mehr mit ihnen erleben, mir bewusst die zeit für Trips und Unternehmungen zusammen nehmen und einfach etwas zurückgeben. Denn ohne den Support und das Vertrauen meiner Familie – wäre ich nicht da, wo ich heute bin, hätte nicht einmal die Hälfte meiner Träume leben können.

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    Comments

    • Sehr sehr schön und ehrlich geschrieben. Hat mich sehr berührt. Da nehme ich mir auch einiges „mit“! Ich wünsche Dir von Herzen ein tolles 2018 ? man muss einfach immer an sich arbeiten. Wenn sende vom Kopf gesteuert wird klappt es meistens nicht so….das Herz muss dabei sein. Viel viel Erfolg
      LG Renate

    • Liebe Lina, ich lese deinen Blog schon sehr, sehr lange und heute, inzwischen, ist er der Einzige, den ich noch lese. Tatsächlich konsumiere ich Content ansonsten ausschließlich noch über Instagram. Aber dich und deine Texte habe ich derart lieben gelernt, dass sie wirklich eine sehr große Lücke bei mir hinterlassen würden, würdest du aufhören oder sonstwie einen anderen Weg einschlagen. Für mich bist du eine einzigartige Bloggerin mit einem herausragenden Talent, die Leser an ihrem Leben teilhaben zu lassen. Gib gut auf dich Acht in 2018. Ich freu mich schon auf deine Zeit in Kapstadt! 🙂

    • Danke Lina.
      Nicht nur für diesen ehrlichen Post, sondern auch für die Zeit die du in deine Texte und deinen Podcast steckst. Es tut gut deine Worte zu lesen und sich manchmal sogar darin wieder zu finden! Alles Liebe für 2018.

    • Ein sehr offener und ausführlicher Post! Schön geschrieben, ich kann mich gut reinfühlen. Ich wünsche dir eine tolle Zeit in Kapstadt und freue mich schon auf deine Vlogs.

      Liebe Grüße,

      Arunika von quarterlife.blog

    • Liebe Lina,
      ich bin jedesmal baff, deine wahnsinnig nahen Gedanken lesen zu dürfen und bewundere dabei, wie du deine Ideen, Wünsche und das Alles auszuformulieren weißt.
      Die meisten Post überfliege ich und lese sie nur selten bis zum Ende durch, aber z.B. diesen Rückblick und auch viele weitere Posts von dir sind so gut und verständlich und nachvollziehbar, dabei aber auch “spannend“ geschrieben. Chapeau und ein geniales 2018 dir und Regina! Herzlichst Anne

    • Danke, …
      Danke, für all deine Gedanken die du über das Jahr teilst
      Danke, für deine Kolumnen
      Danke, für deine Ehrlichkeit
      Danke, für deine Fotokunst

      Alles Gute für 2018 !

    • Liebe Lina,
      Ein schöner Post, der zum Nachdenken anregt, inspiriert und mal wieder richtig schön geschrieben ist.
      Ich wünsche dir eine großartige Erfahrung mit dem Abenteuer, in welches du dich da stürzt und bin gespannt auf die Ding, die du mit uns teilst.
      Vielen Dank für ein weiteres Jahr mit großartigen Kolumnen, interessanten Berichten und wunderbaren Bildern.
      Liebe Grüße,
      Insa

    • Liebe Lina!
      Mein Mann und ich waren auf deiner Lesung im Dezember. Und er ist mitgekommen um „seinen Horizont zu erweitern“. Und er war so beeindruckt von dir. Fand dich so intelligent und echt (Ich ja sowieso). Wir werden dein Buch kaufen und an alle verschenken die wir kennen. Lass dich von Menschen,die deine Arbeit kritisieren nicht verletzten. Gib nicht auf. Ich verstehe und kenne all diese Gefühle die du beschreibst. Und für mich ist das die Schublade „Erwachsenwerden“. Es ist manchmal gar nicht leicht. Ich möchte dir sagen Und dich FÜHLEN lassen: du bist genug. Du bist genug. You are enough. Mit all den Höhen und Tiefen und all den Gefühlen: Du bist genug. Ohne Leistung. Ohne „positives Lächeln“,… Das Universum/Gott/Leben/Licht liebt dich und du bist genug.

    • Ah und noch was:ich würde deine YouTube Videos liiiieben. Sie werden das Highlight meines Tages. Vielleicht willst du bei Patreon mitmachen? Ich würde dich unterstützen mit einem Abo ♡

    • Das ist wirklich ein fantastischer Jahresrückblick. Und ich finde mich in so vielen Punkten wieder und kann alles verdammt gut nachvollziehen. Ich bin gespannt was dieses Jahr bringt. Für mich. Für dich. Was du uns für Geschichten erzählst und wie du dich entwickelst. Ich freue mich.

    • Vielen Dank für deinen tollen Rückblick Lina!
      Ich wünsche dir vom Herzen alles Liebe für dein nächstes Jahr und bin freue mich über alles was du teilst!!

    • Vielen Dank für diesen tollen Text und den zugehörigen Podcast! Beides war sehr inspirierend für mich und ich habe mich in einigen Punkten wiedergefunden. Vor allem bei allem, was du zum Thema Fokus schreibst/sagst. Mir ist da erst richtig bewusst geworden, wie schwer ich mich selber mittlerweile tue, fokussiert und konzentriert an einer Sache dran zu bleiben, und wie schade das ist. Dank deines Anstoßes habe ich dieses Thema für mich jetzt für 2018 fest im Blick.

      Ich wünsche dir alles Gute für das neue Jahr und für die spannende Zeit in Kapstadt, die vor dir liegt!

      Viele Grüße,
      Kirsten

    • Was für ein toller, ehrlicher und inspirierender Jahresrückblick. Ich habe mich in so vielen Punkten wiedergefunden, besonders was generelle Unzufriedenheit und das Beenden von Freundschaften angeht. Deine Fragen fand ich auch großartig und einen tollen Anstoß für viele Themen, die bei mir auch gerade auf dem Zettel stehen- nach einer schmerzhaften Trennung Anfang 2017 steht meine eigene Entwicklung und die Fragen, was für mich Zufriedenheit ist und wie es beruflich weitergeht, auch ganz weit oben auf meiner Agenda. Ich wünsch uns beiden viel Kraft und Klarheit für die nächsten Schritte. Und die eine großartige Zeit in Südafrika, die dir das bringt, was du dir erhoffst!

    • Liebe Lina,
      der Post ist ein gelungener Jahresabschluss auf deinem Blog. Vielen Dank, dass du uns Leser immer wieder so nah an dich ranlässt. Sicherlich findet sich jeder von uns in deinen Zeilen manchmal wieder und das macht deine Beiträge so besonders. Ich freue mich schon sehr auf deine Vlogs aus Kapstadt und wünsche dir ein großartiges Jahr 2018!

    • Ich finde deinen Stil, deine Wortwahl und damit einhergehend auch deine Inhalte großartig! Hinterfragend, kritisch, reflektiert, ehrlich… ich freue mich auf weitere Beiträge ob Blog, Vlof oder Podcast. Alles Liebe für 2018 ?

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